Warum wir uns eher in die Falschen statt die Richtigen verlieben

Ein Artikel von Gastbloggerin Quintilia

Wie viele andere, die sich zeitlebens immer wieder in die falschen Partner verliebt haben, seien es nun „ganz normale“, aber eben unpassende oder gar ausgesprochene Narzissten oder Psychopathen, habe ich mir schon oft die Frage nach dem Warum gestellt. Ihr auch?

Tanzt du wie ich den altvertrauten Tanz?

Wie viele andere, die sich zeitlebens immer wieder in die falschen Partner verliebt haben, seien es nun „ganz normale“, aber eben unpassende oder gar ausgesprochene Narzissten oder Psychopathen, habe ich mir schon oft die Frage nach dem Warum gestellt. Ihr auch?

Warum habe ich mich so oft in Männer verliebt, die einfach nicht zu mir passten, mit denen eine harmonische Beziehung auf Augenhöhe einfach nicht gelingen wollte, mit denen sich keine gemeinsame Basis für eine dauerhafte Zukunft finden ließ?

Warum waren so viele „schwierige“ Persönlichkeiten dabei, so viele unnahbare, bindungsängstliche, bindungsunfähige, kalte bis regelrecht toxische?

Warum haben mich diese Männer angezogen (bzw. ich sie)? Gab es denn in den vielen Jahren wirklich keine „Normalos“ unter den Interessenten? Waren da wirklich keine, mit denen sich meine spießbürgerlichen Träume von einem Leben zu zweit (dritt, viert….) im gemeinsamen Zuhause hätten verwirklichen lassen?

Waren da keine, die liebes- und bindungsfähig gewesen sind, mit einem „normalen“ Sexualtrieb, welche, die Begriffe wie Respekt, Wertschätzung und Treue nicht erst durch die Suchmaschinen hätten jagen müssen? Solche, bei denen sich Geben und Nehmen die Waage gehalten hätten, auf die man sich blind hätte verlassen können und zwar in den viel zitierten „guten und schlechten Zeiten“?

Gab es keine mit gleichen Wertvorstellungen, mit einer kompatiblen Auffassung von Nähe und Distanz, mit dem notwendigen Verantwortungsbewusstsein und Kompetenzen ein liebevoller, verlässlicher Partner und Vater zu sein?

Doch – die gab es!

Auch solche Männer haben sich durchaus für mich interessiert! Vielleicht sogar mehr, als ich heute weiß, denn ich habe ziemlich sicher oft das vergleichsweise „zarte“ Werben solcher Persönlichkeiten entweder komplett übersehen oder nicht als solches interpretiert!

Und wenn doch, dann fand ich zu meinem heutigen Bedauern solche Männer leider eher uninteressant oder sogar zum Gähnen langweilig! Ein, zwei solcher Männer sind heute zwar sehr gute Freunde die ich nicht missen möchte, aber ich kann mich einfach nicht in sie verlieben.

Kennt ihr dieses Dilemma?

Nach meinen toxischen Beziehungen befinde ich mich auf einem Weg der Selbstreflexion und finde vor allem das Buch „Wenn Frauen zu sehr lieben. Die heimliche Sucht gebraucht zu werden“ von Robin Norwood extrem hilf- und aufschlussreich.

Seit der Lektüre dieses Buches und meiner Therapie weiß ich es für mich sehr wohl – auch wenn Wissen und Es-Ändern-Können durchaus zwei völlig unterschiedliche Paar Stiefel sind:

Warum fühle ich mich zu den „Falschen“ hingezogen?

Die Wiederholung der altbekannten Muster

„Bei all den möglichen Partnern, denen sie begegnen – was führt diese Frauen genau zu den Männern, mit denen sie den „altvertrauten Tanz ihrer Kindheit aufführen können“? Und wie reagieren sie (oder eben nicht), wenn sie einem Mann begegnen, der gesündere, reifere Verhaltensweisen zeigt, der sie nicht so eigennützig missbraucht, wie sie es gewohnt sind, einem Mann also, dessen Tanzschritte nicht so harmonisch zu den ihren passen? (Zitat von Robin Norwood, „Wenn Frauen zu sehr lieben“, Kapitel 8).

Die Quintessenz aus Norwoods Buch lässt sich eigentlich in diesen wenigen Sätzen zusammenfassen:

Wir geraten nur deshalb immer wieder an die Falschen, bzw. an toxische Partner, weil es das Vertraute, das Altbekannte aus unserer frühesten Kindheit und Jugend ist, was uns anzieht. Haben wir einen Elternteil (oder beide) als lieblos, als unnahbar, als kalt, als abwertend erlebt, dann sind es lieblose, unnahbare, kalte Menschen, die uns anziehen.

Sind wir es gewohnt, um Liebe, Anerkennung und Wertschätzung kämpfen zu müssen, dann sind wir in allerhöchster Gefahr, diesen altvertrauten Kampf auch in unseren Beziehungen fortsetzen zu wollen. Partner, die uns hier vor die selben Herausforderungen stellen wie damals unsere Eltern, ermöglichen uns die selben altvertrauten Gefühle und die Anwendungen der Taktiken und (Überlebens-)Strategien, die wir seit jeher kennen.

Wir haben fatalerweise leider gelernt, eben diese Gefühle mit Liebe gleichzusetzen, obwohl sie genau damit nichts zu tun haben! 

Sie kommen uns aber nur deshalb „richtig“ vor, weil sie uns so vertraut sind. Dabei ist „richtig“ hier falsch!

Auch ich habe leider jahrzehntelang nicht durchschaut, dass ich im Prinzip immer nur den altvertrauten Tanz erneut getanzt habe, als hätte die Platte, die in meiner Kindheit aufgelegt wurde, einen Sprung! Und noch immer sitzt dieses alte Muster sehr, sehr tief.

„Mit Menschen, die es uns ermöglichen, unsere früheren schädlichen Beziehungsmuster wieder aufleben zu lassen, fühlen wir uns „wie daheim“. Mit freundlicheren, liebevolleren oder auf andere Weise gesünderen Menschen fühlen wir uns dagegen unbeholfen und befangen.“ (Robin Norwood, „Wenn Frauen zu sehr lieben“, Kapitel 2).

Und noch einmal die Depressionen

Norwood stellt mehrfach heraus, dass Menschen, die unter lieblosen bis schwierigsten familiären Bedingungen aufwuchsen, oft an (latenten) Depressionen leiden. Wie ich in einem eigenen Post aufführe, trifft das auch auf mich zu. Das war mir aber jahrzehntelang nicht bewusst, so sehr waren die Depressionen ein Teil von mir selbst. Außerdem hatte ich eine völlig falsche Vorstellung davon, wie sich Depressionen eigentlich anfühlen müssten.

„Denn fast jede Art von Erregungszustand, ob positiv oder negativ, führt zur Freisetzung einer großen Dosis Adrenalin und verhindert dadurch zuverlässig das Hochkommen von Depressionen.“ (Robin Norwood, „Wenn Frauen zu sehr lieben“, Kapitel 9)

Die Zusammenhänge, die Norwood aufzeigt, waren auch deshalb ein schmerzvoller Schlag. Schmerzvoll, aber notwendig!

Ja, es gab durchaus Zeiten und Beziehungen, da spürte ich unbewusst, dass dieses Chaos, diese Aufregung und das damit verbundene, tief empfundene Leid doch auch etwas sehr Anregendes hatten: Es setzte etwas in mir frei, erzeugte eine Dynamik und eine Energie, die ich sonst kaum kannte und die mir – so „schräg“ das auch klingen mag – auch etwas gaben: Ich spürte mich! Ich spürte überhaupt etwas! Endlich war da etwas anderes als diese grauenvolle Leere!

Es tut heute sehr weh, sich einzugestehen, dass ich womöglich oftmals deshalb blieb, weil mir diese negative Aufregung trotz allem etwas gab. Und doch hat mich erschreckt, dass Norwood aufzeigt, dass man hier einerseits wie bei jeder Droge Gefahr läuft, eine immer höhere Dosis zu benötigen, um denselben Effekt zu erzeugen, und andererseits, die unpassenden bis toxischen Beziehungen noch depressiver machen als jemals zuvor:

„Dieses Verhalten ähnelt dem eines Menschen, der einem müden, überarbeiteten Pferd die Peitsche gibt, um noch mehr Leistung aus dem erschöpften Tier herauszuholen. Fällt diese Stimulation nun aber weg… dann verfällt eine Frau, die zu sehr liebt, in Depressionen.“ (Robin Norwood, „Wenn Frauen zu sehr lieben“, Kapitel 9)

Was für ein fataler Kreislauf! Was für eine Abwärtsspirale!

Und was „fehlt“ bei dem Richtigen?

Einige Impulse zum Nachdenken. Was ist es, das uns bei den „Richtigen“ fehlt:

  • Die seit der Kindheit altvertrauten Muster wie etwa Lieblosigkeit, Unnahbarkeit, Unzuverlässigkeit, Respektlosigkeit, Abwertung, Streit, Manipulation, physische wie körperliche Gewalt?
  • Altvertraute Herausforderungen wie: um Liebe, Wertschätzung, Anerkennung, Respekt…kämpfen zu müssen? – Ein Kampf, den wir in unserer Kindheit vielleicht nicht gewinnen konnten?
  • Die Gewissheit, sich auf altvertraute Taktiken und (Überlebens-)Strategien verlassen zu können?
  • Der Adrenalin-Kick, der in unpassenden Beziehungen entsteht und den wir fatalerweise mit Liebe verwechseln?
  • Die Herausforderung, einen Menschen ändern zu wollen/müssen bzw. jemanden oder etwas „in Ordnung“ zu bringen, was in unserer Kindheit nicht in Ordnung war?

Wie verlernen wir die altvertrauten Schritte und wie gelingt es uns, neue Schritte nicht nur zu wagen, sondern auch lieben zu lernen?? Ich denke, einen ersten Schritt hat man getan, wenn man die Muster erkennt, die dem eigenen Verhalten zugrunde liegen!

Bis bald
Eure Quintilia

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Bild: werner22brigitte, pixabay.com