Toxische Partner – was tun?

In meinem letzten Blogbeitrag habe ich über toxische Menschen gesprochen. Toxische Partner wurden auch erwähnt, aber der Blogbeitrag war eher allgemein gehalten. Es ging  vorwiegend um den Umgang mit toxischen Menschen, die man am Arbeitsplatz trifft, im Freundeskreis vorfindet oder auf sonst einer Ebene mit ihnen zu tun hat, die man durchaus schnell und unkompliziert verlassen kann. Mit einem toxischen Partner ist das Ganze jedenfalls viel, viel komplizierter. Ich rate Menschen grundsätzlich dazu, toxische Menschen zu verlassen. Allerdings kenne ich niemanden, der nicht vorab versucht, ein paar Strategien zu fahren, um die Beziehung irgendwie zu retten. Vorab sei aber eines gesagt: Wenn du es mit einem wirklich toxischen Menschen zu tun hast, nimm die Beine in die Hand und lauf, denn da gibt es keine Strategie, die wirklich hilft. 

Was passiert in einer toxischen Beziehung?

Du wirst kritisiert, beschimpft, beleidigt, verletzt. Dein Partner achtet auf deine Gefühle genauso wenig wie auf deine Bedürfnisse. Er stellt sich über dich, es zählen nur seine Interessen, er wird ausfallend und glaubt, er hat das Recht, dich zu bestrafen, wenn du ihm/ihr nicht ausreichend huldigst oder Widerstand leistest. Ein toxischer Partner streitet überdies auch noch ab, dass er tut was er tut, dass er dich verletzt und erniedrigt. Wenn er oder sie sauer auf dich ist, bist du natürlich daran schuld. Andere Menschen kommen mit ihm ganz prima aus, nur du, immer wieder nur du bist der Mensch in seinem Leben, mit dem er solche Schwierigkeiten hat. Ihr lebt allerdings zusammen, seid verheiratet, habt gemeinsame Kinder. Da ist es natürlich nicht so einfach, so einen Menschen einfach hinter sich zu lassen und den Kontakt abzubrechen – auch wenn das ratsam ist. Aber ein solcher Schritt braucht auch eine gute Vorbereitung und ich kenne niemanden, der nicht vorher schon endlose Versuche unternommen hätte, um die Beziehung noch zu retten. Normalerweise ist ja auch jedem Menschen klar, dass eine gute Beziehung Arbeit bedeutet, und zwar für beide Partner. Nur – stellt man irgendwann fest, dass man es mit einem toxischen Partner zu tun hat, kann man eigentlich nur noch eines tun: Die Beziehung beenden.

Jahrelange Opferhaltung macht alles nur noch schlimmer. Du weißt doch auch, wenn es läuft, dann läuft es. Dinge, die sich über Jahre eingespielt haben, weil man es zugelassen hat, werden nicht besser, sondern mit der Zeit immer schlimmer. Einen wahrhaft toxischen Partner kann man übrigens auch mit der allerbesten Strategie nicht bremsen, um damit eine harmonische Beziehung zu erreichen. So jemand wird nämlich weiterhin alles dransetzen, um dich zu zermürben. Aber – wehret den Anfängen, das darf man in diesem Zusammenhang ruhig einmal so sagen. Wenn du solches Verhalten bei deinem Partner bemerkst, musst du ihm sofort deutliche Grenzen setzen. Ein nicht-toxischer Partner kann mal eine schlechte Phase haben, wird aber eine gesetzte Grenze akzeptieren und sein Verhalten umstellen. Ein toxischer Partner jedoch wird – auch bei den allerbesten Strategien – sich immer noch ein Stück schlimmer verhalten. Es ist ein schleichender Prozess, der Jahre dauern kann und die Beziehung immer unaushaltbarer macht.

Was macht das mit dir?

Du kommst aus dem Grübeln nicht mehr heraus. Du fragst dich ständig, was du tun kannst, damit er/sie wieder freundlicher zu dir ist, deine Gefühle und Interessen berücksichtigt, mehr auf dich eingeht, statt dich wie einen Dienstboten zu behandeln. Du wirst wahrscheinlich immer wieder versuchen, vernünftige Gespräche zu führen, denn es ist dir doch wichtig, eure Beziehung zu retten, und dass dein Partner dich versteht. Du fragst dich ständig, ob du nicht vielleicht zu empfindlich bist. Dein Bauch sagt dir, dass das alles nicht okay ist, was da läuft, aber andere Menschen, insbesondere dein Partner, sagen dir dann so was wie: „Du musst dir halt mal ein dickeres Fell zulegen.“ Einmal in diese Denkspiralen eingestiegen, kommst du kaum noch heraus: Du verlierst das Vertrauen in deine eigenen Gefühle, deine Selbstachtung, dein Selbstvertrauen. Du fühlst dich mit der Zeit immer schwächer und empfindest deinen Partner oder deine Partnerin als immer mächtiger. Du fühlst dich hilflos und ausgeliefert, kontrolliert, vielleicht sogar bedroht und manipuliert. Du drehst dich im Kreis und versuchst immer wieder, diesem Menschen alles recht zu machen, nimmst ihm alles ab, was er als anstrengend empfindet oder wozu er keine Lust hat, nimmst immer mehr Rücksicht auf ihn und seine Bedürfnisse und immer weniger Rücksicht auf dich selbst.

Der toxische Partner – wohin das führt

Im schlimmsten Fall wirst du krank. Richtig krank. Toxische Beziehungen bringen immer Erkrankungen mit sich. Das können ständige Kopfschmerzen sein, Rückenschmerzen, Magenbeschwerden. Wer ständig oder zumindest regelmäßig unter Schmerzen leidet, sollte das ernst nehmen. Der Körper reagiert auf das, was in der Seele vor sich geht. Und die Seele reagiert auch, ganz unabhängig. Mit schweren Depressionen, mit Panikattacken, mit permanenten Angstgefühlen. Viele Menschen in toxischen Beziehungen klagen darüber, dass sie sich rund um die Uhr angespannt fühlen, als müssten sie stets wachsam sein, weil jede Sekunde etwas fürchterliches passieren könnte. Eine permanente Anspannung, die sogar zu Atembeschwerden und Herzproblemen führen kann.

Was ganz sicher nicht hilft

Ich erlebe es immer wieder bei Betroffenen, dass sie der Meinung sind, man müsste doch über all das mal vernünftig reden. Klar, ich habe das meinen Kindern auch beigebracht: Wenn man ein Problem miteinander hat, spricht man drüber. Man erklärt dem anderen, warum man sich schlecht fühlt, warum man sich verletzt fühlt und was man sich nun wünschen würde. Mit toxischen Menschen allerings kannst du nicht reden. Das solltest du schon bei der ersten Gelegenheit deutlich spüren, zu der du versuchst, ein Gespräch zu deinen Empfindungen zu führen.

Du kannst einem toxischen Menschen nicht erklären, warum du verletzt bist, dass du dich bedroht fühlst, kontrolliert, entmutigt, erniedrigt, bestraft, manipuliert. Ein toxischer Mensch wird alles umdrehen. Er wird dir erklären, dass du zu empfindlich bist, wird jede Form von Kontrolle und Manipulation abstreiten und dir unterstellen, dass du die Dinge drehst, wie sie du sie brauchst, um sie gegen ihn verwenden zu können. Er wird dir klar machen, dass du im Unrecht bist, egal was du empfindest, und er wird dich dafür bestrafen, bedrohen, erniedrigen, dass du versucht hast, die Dinge zwischen euch zu klären. Und dann wird dieser Mensch dich mit Vorwürfen bombardieren, die vollkommen aus dem Nichts gegriffen sind, dich aber in die nächste Grübelphase stürzen, falls du noch nicht gelernt hast, dich abzugrenzen.

Versuchst du ein vernünftiges Gespräch mit einem toxischen Menschen, geht es dir hinterher noch schlechter, du fühlst dich noch mieser, plagst dich mit Schuldgefühlen herum und verlierst immer mehr an Selbstachtung, wirst noch mehr abgewertet und fühlst dich immer verwirrter und hilfloser. Ein Gespräch mit einem toxischen Menschen ist sinnlos, denn er wird dir das Wort im Mund herumdrehen und dir das Gefühl geben, an allem schuld zu sein.

Grenzen und Selbstachtung

Du hast es sicher schon oft gehört: Du kannst einen anderen Menschen nicht ändern. Daher kannst du auch Situationen nicht ändern, die auf dem schlechten Verhalten eines anderen Menschen basieren, wenn du darauf vertraust, dass dieser Mensch sein Verhalten umstellt, wenn er es nur irgendwann mal begreift, was er/sie dir da antut.

Das einzige was du tun kannst, ist  dein eigenes Verhalten zu verändern, deine Sichtweise, deine Empfindungen. Das hängt zusammen. Ändert sich deine Sichtweise, änderst du automatisch dein Verhalten und dann ändern sich auch deine Empfindungen: Dann gelingt es dir vielleicht, mal einen Schritt zurück zu treten und dich emotional etwas zu distanzieren. In einer toxischen Beziehung ist das sehr wichtig, denn nur dann gelingt es dir, deine eigenen Gefühle und Bedürfnisse wieder ernst zu nehmen, auf sie zu vertrauen, auf dein Bauchgefühl zu achten und nicht mehr den anderen an die erste Stelle zu setzen. Du bist nicht auf diese Welt gekommen, um den Fußabtreter für einen anderen Menschen zu spielen. Anders herum: Es wird dich niemand glücklich und zufrieden machen, dafür musst du schon selbst sorgen.

Nun zu sagen, das Verhalten deines Partners hätte nichts mit dir zu tun, wäre falsch. Es hat durchaus mit dir zu tun, denn er/sie möchte ja irgendwas damit bezwecken. Aber es ist nicht deine Schuld und du kannst auch nichts tun, um es zu verändern. Je mehr du auf diesen Menschen eingehst, umso mehr wird er die Kontrolle übernehmen.

Setze deinem Partner Grenzen. Lass dich nicht verunsichern. Übernimm wieder die Kontrolle über dich, dein Leben und deine Gefühle. Du bist ein wertvoller Mensch, vergiss das nicht. Ich empfehle übrigens eine Psychotherapie. Nicht etwa, weil du vielleicht einen Knall hast, denn das ist ein weit verbreitetes Vorurteil. Nein, ich empfehle sie dir, um an deiner  Selbstachtung zu arbeiten und zu lernen, Menschen, die deine Grenzen überschreiten, Einhalt zu gebieten.

Bild: pixabay.de

 

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