Die narzisstische Mutter

Wer bei fürsorglichen Eltern aufwächst, kann es sich wohl kaum vorstellen, wie es ist, wenn man ein narzisstisches Elternteil hat. Mutter oder Vater … das spielt keine Rolle, für ein Kind ist es schwierig, unter einem solchen Elternteil aufzuwachsen. Manche Kinder haben das Pech und ziehen sich gleich zwei narzisstische Elternteile aus dem Pott. Doch wie macht sich das bemerkbar? An was kann man das festmachen? Geht das überhaupt? Ja, das geht. Heute möchte ich über die narzisstische Mutter sprechen. 

Die narzisstische Mutter – Merkmale

Es gibt eine ganze Reihe von Merkmalen, die nicht unbedingt alle zutreffen müssen. Aber wenn du bei mindestens der Hälfte dieser Punkte zustimmend nickst und denkst „das war bei mir auch so“, dann ist es durchaus möglich, dass deine Mutter eine „Narzisse“ ist.

  • Geschwister werden niemals gleich behandelt. Es gibt ein Goldkind und einen Sündenbock. In der Regel sind die Rollen über Jahre festgelegt, es sei denn, es kommt zu Veränderungen. Wenn der bisherige Sündenbock auszieht oder das bisherige Goldkind sich nicht mehr lieb und nett verhält – dann werden die Rollen ausgetauscht.
  • Deine Realität wird verdreht. Und zwar seit du denken kannst. Alles war immer ganz anders, Dinge sind nie passiert. Du irrst dich komplett – behauptet sie. Und du sitzt ständig da und fragst dich, ob du dir das, was passiert ist, nur eingebildet hast.
  • Aggressionen gegen dich sind ein großes Thema. Sie kommen entweder unterschwellig zum Vorschein oder sogar ganz offen. Tatsache ist, du merkst, sie hat ein Problem mit dir, sie mag dich nicht, sie ist zornig. Damit hält sie dein Gedankenkarussel am kreisen. Du grübelst ständig darüber, was du getan hast, womit du sie verärgert hast und wie du sie wieder friedlich stimmen kannst.
  • Die narzisstische Mutter sabotiert alles, was dir wichtig ist. Das heißt, sie kommt nicht zu deiner Schulaufführung, weil ihr etwas anderes wichtiger ist. Sie besorgt dir nicht das Material, das du für den Unterricht brauchst. Sie ist nicht zu Hause, wenn du nach Hause kommst, obwohl sie weiß, dass du keinen Schlüssel hast. Die Sabotage hört auch nicht auf, wenn du längst erwachsen bist. Sobald dir irgendetwas wichtig ist, macht sie dir einen Strich durch die Rechnung: Sie ruiniert deine Feiern, und wenn du ihre Hilfe brauchst und dich auf sie verlässt, bist du verlassen.
  • Erniedrigungen sind an der Tagesordnung. Du bist nichts, du kannst nichts. Du bist nicht so hübsch wie deine Schwester und nicht so begabt wie dein Bruder. Die Tochter der Nachbarin ist so erfolgreich, während du nur … und sie damit natürlich massiv enttäuscht hast. Wo sie doch so viel Liebe und Fürsorge in dich investiert hat.
  • Schuldgefühle sind das nächste Stichwort, und sie passen zum vorherigen Punkt. Die narzisstische Mutter vergisst niemals, was sie alles für dich getan hat, auch wenn es nur ganz normale Dinge waren, die man bei einer Mutter eigentlich voraussetzt. Aber sie verdrängt sehr erfolgreich alles, was du für sie tust oder schon getan hast. Aber wehe, sie hat mal eine Erwartung an dich, die du nicht erfüllen kannst – du wirst dich dafür auf ewig schuldig fühlen, denn das vergisst sie auch in zwanzig Jahren nicht.
  • Kritik und üble Nachrede: Leider auch an der Tagesordnung. Ständig wurdest du kritisiert und als Erwachsene wirst du immer noch kritisiert. Nichts machst du richtig, alles machst du falsch und an dir stimmt überhaupt nichts. Ihrer Enttäuschung macht sie dann gerne auch mal bei anderen Leuten Luft. In Zeiten von Facebook schreckt die narzisstische Mutter auch nicht vor öffentlicher Diffamierung zurück.
  • Lügen – auch ein ganz normaler Zug an einer narzisstischen Mutter, und auch das passt zum vorherigen Punkt. Wenn sie selbst dadurch besser dasteht oder Mitleid oder Aufmerksamkeit dadurch bekommt, scheut sie sich nicht davor, dich überall schlecht zu machen. Sie schreckt auch nicht davor zurück, sich dafür die schlimmsten Lügengeschichten auszudenken.
  • Sie gönnt dir nichts. Wenn du nette Freunde hast, wird sie versuchen, deine Freundschaften zu zerstören. Wenn du zu Geld kommst, will sie etwas vom Kuchen abhaben und dafür tut sie alles. Wenn du in deiner Beziehung glücklich bist, wird sie solange intrigieren, bis sich deine Beziehung in einer tiefen Krise befindet oder gar auseinanderbricht. Wenn du im Beruf erfolgreich bist, wird sie darauf nicht stolz sein, sondern es schlecht reden und dir klarmachen, dass das nichts Besonderes ist.
  • Sie überschreitet ständig deine Grenzen. Sie kommt wann es ihr passt, sie ruft dich auch mitten in der Nacht an, wenn ihr danachist. Sie trifft Entscheidungen für dich und macht dir klar, dass sie es ohnehin besser weiß. Sie erklärt dir, was du zu tun und zu lassen hast und wie du die Menschen in deinem Umfeld zu sehen hast. Sie bedient sich an deinen Sachen und hält das für selbstverständlich.
  • Sie verlangt ständig nach Aufmerksamkeit. Dafür inszeniert sie notfalls alle möglichen Dramen, sodass du dich gezwungen fühlst, dich um sie zu kümmern. Wenn du nicht verfügbar bist, inszeniert sie diese Dramen bei anderen Leuten, die dich vielleicht sogar mal irgendwann ansprechen und fragen, warum du so ein schlechter Mensch bist, der sich nicht um seine Mutter kümmert, wenn sie es braucht. Vorgetäuschte Herzinfarkte, alle möglichen Krankheiten und sogar lächerlich wirkende Selbstmordversuche können da durchaus dazu gehören. Sie ist krank, sie braucht dich und sie zwingt dich dazu, basta.
  • Sie manipuliert dich. Kinder werden von narzisstischen Müttern immer manipuliert und aus manipulierten Kindern werden Erwachsene, die sich leicht manipulieren lassen. Narzissen sind darin Weltmeister. Sie appellieren an deine Bedürfnisse oder deine Ängste, um dich dazu zu bringen, Dinge zu tun, die ihnen dienlich sind.
  • Sie verträgt überhaupt keine Kritik – aber im Austeilen ist sie spitze. Wenn du es jemals gewagt hast, sie zu kritisieren, wird das etwas sein, was sie dir in zwanzig Jahren noch vorhält. Du hast sie nämlich schwer verletzt, jawohl. Im Gegensatz zu all der Kritik, die du über die Jahre hinnehmen musstest. Das ist ihre heilige Pflicht als Mutter und fällt unter „Erziehung“.
  • Sie ist selbstsüchtig. Ihre Interessen, ihre Hobbys und ihre Gefühle stehen immer an erster Stelle und wenn sie nicht selbst etwas davon hat, wird sie für dich keinen Finger krumm machen.
  • Sie tyrannisiert dich. Du musst funktionieren, immer und überall, und tust du es nicht, macht sie dir die Hölle heiß. Wenn sie signalisiert, dass sie dich braucht, hast du da zu sein. Du reichst ihr den kleinen Finger, sie nimmt die ganze Hand. Du reichst ihr also die Hand, weil sie die braucht und sie reißt dir den gesamten Arm ab und tritt dir gleichzeitig mit irgendwas ins Kreuz.
  • Sie beutet Menschen aus – auch dich. Sie nimmt und gibt nicht. Sie verlangt, aber sie gestattet nicht, dass man etwas von ihr verlangt. Wenn sie jemanden nicht mehr brauchen kann, wenn ein Mensch ihr nicht mehr nützlich ist, spuckt sie ihn aus und vergisst ihn.
  • Wer sie nicht verehrt, wird vernichtet. Die Rache ist ihre, auch wenn es um das eigene Kind geht. Wenn du eine Grenze ziehst und ihr zeigst, dass du ihre Spielchen nicht mehr mitmachst, wird sie sich rächen. Auch an dir. Die Tatsache, dass du ihr Kind bist, lässt sie nicht zurückschrecken. Sie will nicht dein Bestes, aber sie wird sich großartig fühlen, wenn sie dich vernichtet hat – und du sie irgendwann um Hilfe anwinselst.
  • Du hast deine Pflichten zu erfüllen. Und so manches Kind einer narzisstischen Mutter kann im Rückblick auf die Kindheit sagen, dass es Pflichten waren, die sie in eine Erwachsenenrolle gezwungen haben. Der große Hausputz, auf die kleine Schwester aufpassen, damit Mutti ihre Ruhe hat, all das kann notfalls auch passieren, obwohl du eigentlich zur Schule oder zur Arbeit musst. Hauptsache Mutti hat freie Bahn – welche Auswirkungen das auf dein Leben hat, ist ihr wurscht. Und wenn du dich irgendwo darüber beklagst, lügst du selbstverständlich.
  • Sie genießt das Mitleid ihrer Mitmenschen. Weil sie so krank ist. Weil sie ein so furchtbares Kind hat wie dich. Weil ihr Leben so schrecklich ist.
  • Sie zerstört all deine Beziehungen. Das geht bei der besten Freundin im Kindesalter los und endet niemals. Keine Freundin, kein Freund, wird jemals gut genug sein für Mutti. Es sei denn, du hast Freundinnen und Freunde, die deine Mutter nahezu vergöttern oder durch die sie Vorteile hat. Dann sind sie gerne gesehene Gäste.
  • Deine Sachen gehören auch ihr, aber ihre Sachen gehen dich nichts an. Das geht schon in der Kindheit los. Deine Sachen werden auf den Müll geschmissen um dich zu strafen oder verschenkt, um damit irgendwo Punkte zu sammeln. Sie werden verkauft, um an Geld zu kommen oder zerstört, um dich zu verletzen. Wag es nur im Gegenzug nicht, ihre Dinge anzufassen.

Jede Mutter meint es gut mit ihrem Kind

Aber nicht die narzisstische Mutter. Sie sieht nur sich selbst. Das eigene Kind, das man lieben und schützen sollte, ist nur ein Instrument. Es wird benutzt, um einen Mann dazu zu bringen, im eigenen Leben zu verbleiben. Es wird benutzt um in der Gesellschaft damit anzugeben und sich als klasse Mutter aufzuspielen und dafür Bewunderung zu erhalten. Oder es wird benutzt, um sich von der Gesellschaft bemitleiden zu lassen. Es wird benutzt, wenn es gebraucht wird für irgendwas und hat sich still und brav zu verhalten, wenn man gerade damit nichts anfangen kann. Das eigene Kind ist für eine narzisstische Mutter Mittel zum Zweck, egal wie klein und schutzbedürftig oder später, wie erwachsen es ist.

Kinder narzisstischer Mütter …

… leiden lebenslang. Sie leiden zumindest solange, bis sie das Spiel verstanden haben, das da läuft. Unter Schuldgefühlen, unter der ständigen Frage nach der eigenen Wahrnehmung, unter vielen Ängsten, die man seinem ärgsten Feind nicht wünscht, unter Trennungsangst und Verlustangst, unter dem Gefühl, immer sehr viel tun zu müssen, um überhaupt geliebt zu werden. Sie fühlen sich wertlos. Narzisstische Mütter sind toxische Mütter, die ihre Kinder für das ganze Leben vergiften – und damit dafür sorgen, dass diese auch später an toxische Partner geraten.

Bild: pixabay.com

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